Der Generalplan Ost und die ‚Bereinigung der Slowenenfrage’

Hannelore Burger
„Der Engel der Geschichte wird über mich geflogen sein. Seine Flügel werden einen Schatten auf das Lagergelände geworfen haben. Ich habe sein entsetztes Antlitz im Halbdunkel nicht sehen können, nur kurz geglaubt, einen Flügelschlag gehört zu haben, einen Windstoß in seinen Engelsflügeln vernommen zu haben, in denen sich die Stürme des Kommenden verfingen.“ 1
Maja Haderlap
Die Deportation von 917 Kärntner Slowenen (Männer, Frauen und Kinder) in Lager der Volksdeutschen Mittelstelle im Deutschen Reich am 14. und 15. April 1942 wurde und wird bis heute häufig in Tradition und Kontinuität einer in Kärnten spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts virulent werdenden Germanisierungs- und „Entnationalisierungspolitik“ gesehen. Die von den Nationalsozialisten initiierte Vertreibung sei dann bloß die extreme Übersteigerung einer Politik gewesen, die bereits im „Völkerkerker“ der österreichisch-ungarischen Monarchie ihre unglückseligen Anfänge genommen habe. Der Hitlerfaschismus habe, heißt es etwa im Vorwort einer von Franci Zwitter und Matthäus Grilc herausgegebenen Dokumentation, „die giftige und mörderische antislowenische Politik nicht erfunden, sondern sie lediglich vervollkommnet.“ 2
In Berichten von Zeitzeugen oder in Gesprächen mit Überlebenden der nationalsozialistischen „Aussiedelung“ wird jedoch eine andere, weit grausamere Spur sichtbar. Übereinstimmend berichten Zeitzeugen, die die Jahre der Lagerhaft als Kinder durchlitten hatten, neben allen erfahrenen Grausamkeiten wie Hunger, Schläge, Trennung von den Eltern … , von einem vollkommenen Mangel an schulischer Bildung. Gab es doch einmal eine mutige Lehrperson, die gegen die Anordnung der Lagerleitung, den slowenischen Kindern mehr als bloß elementarste Kenntnisse des Lesens, Rechnens und der Hygiene zu vermitteln, verstieß, so hatte dies, wie im Falle des Priesterkandidaten Hanzi Dragašnik, der die Kinder des Lagers Frauenaurach eine Zeit lang sogar in Geographie, Physik, Chemie und Stenographie unterrichtete, böse Folgen. Dragašnik wurde, wie Franc Cernut sich erinnert, strafweise an die Front, die Kinder – im Alter von zwölf Jahren – zum Arbeitseinsatz auf die Felder geschickt. „Schule gab es für uns keine mehr. Sie sagten“, resümiert ein anderer Zeitzeuge bitter, „für Schaufel und Krampen sind wir gut genug, wir brauchen keine Bildung.“3 Tatsächlich sollte die schulische Ausbildung von „nichteindeutschungsfähigen“ slowenischen Kindern, nach einem Erlass des „Reichsführer-SS“ Heinrich Himmler, nach dem Grundsatz: „Lesen, rechnen, Zähneputzen“ erfolgen. Nein, um Germanisierung ging es für die slowenischen Lagerkinder nicht mehr; es ging vielmehr darum, sie auf ein Leben als Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen vorzubereiten – es ging um Versklavung.
Die Spur führt zu einer Reihe von Plänen und Planungsskizzen, die in den Jahren 1939-1942 unter Hinzuziehung namhafter Wissenschaftler in den Planungsabteilungen des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums (RKF) und parallel dazu (und teilweise konkurrierend) im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin entstanden sind und die man sich angewöhnt hat, (vereinfachend) und synthetisierend unter dem Titel „Generalplan Ost“ zu subsumieren 4. Es ging dabei um nicht weniger als um die Umsetzung der nationalsozialistischen „Rasse- und Raumtheorien“ im jüngst eroberten „Lebensraum“ des Ostens 5. Eine schwarze Utopie, die ihre Ursprünge einerseits im Imperialismus des späten Kaiserreiches und andererseits in der seit der Jahrhundertwende immer populärer werdenden und im Nationalsozialismus vollends zur Leitwissenschaft gewordenen „Rassenanthropologie und Rassenhygiene“ hatte. Die Linie hatte Adolf Hitler vorgegeben, als er in „Mein Kampf“ von der heiligen Pflicht der Deutschen sprach, sich den „Lebensraum“ kulturell und „rassisch“ „minderwertiger Völker“ anzueignen 6.
Politisch verantwortlich für die „Generalplanung“ im Osten war Heinrich Himmler, der „Reichsführer-SS“ und „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“. Mit letzterer Funktion war er am 7. Oktober 1939, knapp nach der Eroberung und Besetzung Polens, durch einen (Geheim)Erlass Hitlers betraut worden. Nach diesem Erlass „zur Festigung deutschen Volkstums“ oblag Himmler erstens „die Zurückführung der für die endgültige Heimkehr in das Reich in Betracht kommenden Reichs- und Volksdeutschen im Ausland“, zweitens „die Ausschaltung des schädigenden Einflusses von solchen volksfremden Bevölkerungsteilen, die eine Gefahr für das Reich und die deutsche Volksgemeinschaft bedeuten“ und drittens „die Gestaltung neuer deutscher Siedlungsgebiete durch Umsiedlung, im besonderen durch Seßhaftmachung der aus dem Ausland heimkehrenden Reichs- und Volksdeutschen 7.“
Wissenschaftlich verantwortlich und federführend bei den wichtigsten Fassungen des Generalplans war der führende Agrarwissenschaftler und Raumplaner, Leiter des Instituts für Agrarwesen und Agrarpolitik an der Friedrich-Wilhelm Universität Berlin, zugleich SS-Obersturmführer und Mitarbeiter im „Rasse- und Siedlungshauptamt“, Professor Dr. Konrad Meyer (auch: Meyer-Hetling genannt). In der Gestalt des damals 39-jährigen vereinigten sich das Sendungsbewusstsein des überzeugten Nationalsozialisten und die unbedingte Loyalität gegenüber der Reichsführung mit der fachlichen Brillanz des leidenschaftlichen Raum- und Landschaftsplaners 8.
Der Generalplan, oder genauer gesagt: die Generalpläne Ost stellen eine, wie die jüngsten Forschungen zeigen, bemerkenswerte Verquickung von wissenschaftlicher Forschung und rationaler technokratischer Planung auf der einen mit nationalsozialistischer Eroberungs- und Vernichtungspolitik auf der anderen Seite dar. Zahlreiche Wissenschaftler: Agrarfachleute, Raumordnungs- und Landschaftsplaner, Ökonomen, Ethnologen, Eugeniker, Anthropologen, Mediziner und Historiker an deutschen Universitäten und vor allem an den renommierten Kaiser-Wilhelm-Instituten waren darin eingebunden, häufig unterstützt und gefördert durch Projekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft 9. In Zusammenhang mit diesen Plänen ist – wie noch zu zeigen sein wird – auch das Ereignis der Deportation der Kärntner Slowenen am 14. und 15. April 1942 zu sehen.
Die ersten Planungsdokumente aus der Werkstatt Konrad Meyers (diese war, wie Isabel Heinemann eindrucksvoll dargelegt hat, inzwischen zu einem beachtlichen „Think-Tank“ aus unterschiedlichsten Fachleuten herangewachsen) erschienen im Februar 1940 und betreffen die annektierten polnischen Gebiete, den „Warthegau“ (Wartheland), Danzig-Westpreußen und Ostoberschlesien. Diese Planungsgrundlagen für den Aufbau der Ostgebiete propagierten die „Eindeutschung“ und agrarpolitische Neuordnung der eroberten Gebiete und sahen die „Evakuierung“ von 560.000 Juden („100 Prozent aller Personen dieser Ethnie“) in das „Generalgouvernement“ bzw. in die Ghettos und Lager rund um Łódź vor. Aber auch 44 Prozent der polnischen Bevölkerung (3,4 Millionen Menschen) sollten abgeschoben werden, um „Zug um Zug“ 4,3 Millionen deutschen Siedlern, die in den eroberten Gebieten hätten angesiedelt werden sollen, Platz zu machen 10.
Himmler lobte diese „Planungsgrundlagen“, doch gingen sie ihm nicht weit genug. Noch immer bliebe ja in den neuen Provinzen eine „gemischtrassige Bevölkerung“, die nicht nur eine Gefahr für die Provinzen selbst, sondern für das ganze Reich darstelle. Provinzen seien aber nur dann wirklich deutsch, „wenn sie grundsätzlich bis zum letzten Mann und bis zur letzten Frau deutsch besiedelt würden 11. Und an anderer Stelle bemerkt er: „Ein gewonnener Krieg besteht nicht im Menschengewinn anderen Volkstums, sondern im gewonnenen Acker.“ Deutschland habe „durch seine militärischen Siege im Osten 8 Millionen fremden Volkstums übernehmen müssen, aber bereits alle Vorkehrungen getroffen, um in klarer Trennung die verschiedenen Völker auseinanderzuhalten 12.“
Nach dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 entstanden in rascher Folge weitere, radikalere Fassungen des Generalplan Ost. Während in der im Reichssicherheitshauptamt entstandenen Version vom November 1941, unter SS-Standartenführer Dr. Hans Ehlich, ohne Umschweife die Vernichtung von über 30 Millionen Slawen angekündigt wurde – durch Deportation, Aushungern oder Ermordung 13 , befleißigten sich die aus der Werkstatt von Konrad Meyer stammenden Versionen einer vorsichtigeren Diktion. Der Ton ist kühl und sachlich; die Sprache analytisch, präzis, wissenschaftlich-rational. Nicht von „Vernichtung“, „Verhungern“ oder „Sonderbehandlung“ ist hier die Rede, sondern die erwünschte Reduktion der fremdvölkischen Bevölkerung ergibt sich schlicht aus der Differenz von Ist- und Sollzahlen 14.
Der Generalplan Ost ist nicht isoliert von den anderen Großplanungen des „Dritten Reiches“ zu sehen, sondern in vielfacher Weise mit diesen verwoben. Im Sommer 1941 glaubten die Nationalsozialisten die Sowjetunion in einem „Blitzkrieg“ binnen weniger Wochen besiegen und zerstören zu können. Tatsächlich kam es vom Sommer 1941 bis Herbst 1942 zu ungeheuren Territorialgewinnen durch die deutsche Wehrmacht – bis weit nach Mittelasien, an die Linie Murmansk – Kaukasus, schoben sich die deutschen Truppen vor. Das erträumte supranationale „Germanische Reich“ schien zum Greifen nahe. Zu diesem Zeitpunkt waren drei verschiedene, wahrhaft apokalyptische Großpläne in Ausarbeitung bzw. harrten ihrer Verwirklichung:
1. Ein vom 23. Mai 1941 datierter „Hungerplan“, der in 1000 Exemplaren als sogenannte „Grüne Mappe“ unter den Entscheidungsträgern kursierte. Dieser sah die Dezimierung der sowjetischen Bevölkerung um 30 Millionen Menschen durch Hungertod während der Wintermonate vor. Der Hungerplan besagte, dass die Ernährung der deutschen und westeuropäischen Bevölkerung sowie der Soldaten während und nach dem Krieg dadurch sichergestellt werden sollte, dass man die Nahrungsmittel aus dem „Überschussgebiet“ Ukraine für das Reich requiriert und die Bevölkerung in den eroberten westrussischen Gebieten, vor allem in den Großstädten, aushungert. Moskau und Leningrad sollten vollständig zerstört, dem Erdboden gleich- oder zu Waldgebieten gemacht werden, die Sowjetunion zerschlagen und entindustrialisiert. Wörtlich heißt es darin: „Viele 10 Millionen von Menschen werden in diesen Gebieten überflüssig und werden sterben oder nach Sibirien auswandern müssen 15.“
2. Eine „Gesamtlösung der Judenfrage“, mit deren Planung am 31. Juli 1941 der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Reinhard Heydrich durch Reichsmarschall Göring beauftragt wird. Vermutlich im Dezember 1941 erfolgte der Befehl Hitlers, alle europäischen Juden – errechnet wurden 11 Millionen – ermorden zu lassen. Formal wurde die „Endlösung der Judenfrage“ auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 beschlossen. Im Generalgouvernement begann im Sommer 1942 die „Aktion Reinhardt“, der 2 Millionen Juden und 50.000 Roma zum Opfer fielen 16.
3. Der Generalplan Ost, der die Schaffung von „Lebensraum“ für deutsche Siedler im Osten durch Enteignung, Vertreibung, Versklavung und letztlich Vernichtung von 31 Millionen (überwiegend) Slawen vorsah und die Errichtung einer deutschen Kolonie im Gebiet der westlichen Sowjetunion zum Ziel hatte.
Bereits am 15. Juli 1941, drei Wochen nach Beginn des Krieges mit der Sowjetunion, legte Konrad Meyer eine von Himmler angeforderten weitere Skizze zum Generalplan Ost vor, deren Original bis heute nicht aufgefunden werden konnte, deren Inhalt aber durch Reaktionen anderer und dessen ideologische Grundlagen durch einen Vortrag, den Meyer vor Mitgliedern der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft hielt, bekannt ist. In diesem Vortrag vor den Spitzen der deutschen Wissenschaft forderte Konrad Meyer entsprechend der von seinem Lehrer, Richard Walther Darré, Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft und Chef des Rasse- und Siedlungshauptamtes, entwickelten Lehre von der Einheit des deutschen „Volkskörpers“ und seines Siedlungsraumes, eine neue „organische Volksordnung“, in deren Zentrum eine „gesunde und wehrhafte Bauernschaft“ stehen sollte, die auf dem Wege von „Auslese und Zucht“ zu erzielen sei. Meyer entfaltete sodann ein Idyll von landschaftsplanerisch vorbildlich angelegten Dörfern und Kleinstädten, bis hinein in letzte Details wie Windschutzanlagen oder den Entwurf eines idealen Bauernhauses. Dem deutschen Volk sei „wieder das Bewusstsein seiner ostkolonisatorischen Mission“ zu vermitteln und der Wille „zu einem totalen Umbau (…) unseres gesamten Volks- und Wirtschaftsgefüges in Stadt und Land“. Was die „Gefahr fremdvölkischer Unterwanderung“ anbelangt, so sei dieser, so Meyer, „mit der zahlenmäßigen Überlegenheit besseren Blutes“ zu begegnen, mit einer Steigerung der Geburtenrate (bei den Deutschen) und somit „Erdrückung der Fremdvölkischen“. Für das Aufbauwerk forderte er von jedem Einzelnen „das Bereitsein, bewusst Härten auf sich zu nehmen und immer wieder das Gesetz der völkischen Erneuerung und Aufartung so manchen privaten Lebenswünschen voranzustellen 17“.
Mit Fortschreiten des Krieges schritten auch die Planungen fort, wurden mehrfach angepasst an die sich radikalisierenden Vorstellungen der Nationalsozialisten, schrieben sich ein in den weiten Raum des Ostens. Nach den Direktiven Himmlers überarbeitete Konrad Meyer seinen Generalplan Ost ein weiteres Mal und legte Anfang Juni (datiert: 28. Mai 1942) eine umfangmäßig (84 Seiten) stark erweiterte Version unter dem Titel „Generalplan Ost. Rechtliche, wirtschaftliche und räumliche Grundlagen des Ostaufbaus“ vor. In dieser waren nun neben den annektierten Gebieten Polens und des Generalgouvernements auch die eroberten Teile des Baltikums, der Ukraine und die Region um Leningrad einbezogen. In nur 25 Jahren (zuvor 30 Jahre) sollten diese Gebiete vollständig „eingedeutscht“ werden. Der Plan sah die Schaffung von drei großen „Marken des Reiches“ vor, genannt: „Ingermanland“ (Petersburger Gebiet), „Gotengau“ (das Krim-Gebiet) und das „Memel-Narew-Gebiet“ (Bezirk Białystok und Westlitauen). Diesen sollte eine Kette von 36 befestigten deutschen Siedlungsstützpunkten vorgelagert sein. Für die Besiedelung der Marken und Stützpunkte sollten 4,8 Millionen Siedler gewonnen werden 18.
Dabei war längst klar, dass der wachsende Bedarf an „rassisch geeigneten“ Siedlern nicht mehr allein durch reichsdeutsche Bauern und „Volksdeutsche“ gedeckt werden konnte; dem entsprechend sollten Siedler nun auch aus Übersee (rückkehrwillige Auswanderer), bei anderen „germanischen“ Völkern oder durch „Umvolkung“ und „Eindeutschung“ von Angehörigen anderer Völker, bei denen regelrechte Raubzüge geplant waren, gewonnen werden. Darüber hinaus sollte im Osten, als dem neuen „Pflanzgarten des Reiches“, durch rassische Auslese – der sogenannten „Leistungszüchtung“ – neues „Menschenmaterial“ gewonnen werden 19.
Für die Zeit des Aufbaus sah Meyer vor, die Siedlungsmarken aus ihrem bisherigen staatsrechtlichen Territorialverband auszugliedern und der Hoheitsgewalt des „Reichsführer-SS“ zu unterstellen. Nach den Prinzipien des Führerstaates oblagen diesem sowohl Rechtsetzung, Rechtsprechung als auch deren Vollzug. Ebenso die strenge „Siedlerauslese“, die „in engster Zusammenarbeit mit den Heimatgauen“ erfolgen sollte 20. Gedacht war an eine Belehnung von Grund und Boden nach mittelalterlichem Vorbild, entweder als „Zeitlehen“, „Erblehen“ oder „Eigentum besonderen Rechts“. Der Lehensnehmer hatte im Laufe von 33 Jahren (eine Generation) seine „Siedlungsschuld“ abzutragen, deren Höhe auf Grundlage der Ertragsfähigkeit eines Hofes und auf Basis einer „Vierkinderfamilie“ berechnet wurde.
Für das Aufbauwerk Ost, für das ein Zeitraum von fünf Fünfjahresabschnitten – also 25 Jahre –vorgesehen war, wurden gewaltige Finanzmittel kalkuliert. 45,7 Milliarden Reichsmark für die eingegliederten Ostgebiete, 20,9 Milliarden Reichsmark für die Marken und Siedlungsstützpunkte, zusammen 66,6 Milliarden Reichsmark 21. Ebenso gewaltig war die Zahl der benötigten Arbeitskräfte. Innerhalb der ersten beiden Fünfjahrespläne waren 450.000 Arbeitskräfte erforderlich; für die Bereiche: Forstwirtschaftlicher Aufbau, Landschaftsgestaltung, Strassenbau, Wasserstrassen war der „kolonnenweise Einsatz von Kriegsgefangenen“ und sonstigen „fremdvölkischen Arbeitskräften“ geplant 22.
Zur Finanzierung war neben Mitteln aus dem ordentlichen Reichshaushalt auch eine das „Altreich“ treffende Ostaufbausteuer vorgesehen, aber auch Finanzierung aus „Tributleistungen“ durch den Einsatz von „fremdvölkischen Arbeitskräften“ (Kriegsgefangenen, Zivilgefangenen, Polizeigefangenen)23. Meyers Masterplan enthielt neben historisierenden Rückgriffen auf Germanentum und Mittelalter (Berechnungsgrundlage bei den Höfen sollte das mittelalterliche Maß der Hufe sein) durchaus modern anmutende sozioökonomische, ökologische und landschaftsplanerische Elemente; so galt seine Sorge etwa den „wasserwirtschaftlich und klimatologisch wichtigen Schutzpflanzungen“ sowie den Feldhecken und der Bepflanzung von Uferstreifen und Steilhängen 24.
Sahen die früheren Pläne eine Dezimierung der einheimischen Bevölkerung durch „Evakuierung“ vor, so sollten jetzt Teile der „bodenständigen Bevölkerung“ auf Kolchose- und Sowchoseland „umgesetzt“ werden, teilweise sogar Besitzrechte an Grund und Boden erhalten, allerdings nur jene, die nach „Auslese nach dem Leistungsprinzip“ dazu berufen schienen 25. Die erwünschte Dezimierung der slawischen Bevölkerung ergibt sich nur indirekt durch gewaltige (kolonnenweise) Zwangsarbeitsprojekte sowie die geforderte radikale „Entstädterung“ – allein für die Region Leningrad war eine Reduktion der Bevölkerung um drei Millionen Menschen vorgesehen. Gerade in dieser avanciertesten Fassung des Generalplan Ost stecke, wie der tschechische Historiker Miroslav Kárny befand, viel Gelehrsamkeit, eine hoch entwickelte Technik des wissenschaftlichen Arbeitens, Erfinderkraft und Ehrgeiz der führenden Wissenschaftler des nationalsozialistischen Deutschlands. Es war ein Plan, „der die verbrecherischen Phantasmagorien Hitlers und Himmlers zu einem vollendet ausgearbeiteten System führte, durchdacht bis in alle Details, durchgerechnet bis zur letzten (Reichs)Mark 26.“
Doch auch dieser Plan befriedigte Himmler nicht vollständig. „Der Krieg hätte keinen Sinn“, befand er am 9. Juni 1942 vor den Chefs des Reichssicherheitshauptamtes, den Plan kommentierend, „wenn nicht nach dem Kriege (…) Böhmen-Mähren, die deutschen Ostgaue, Südostpreußen, Danzig-Westpreußen, Warthegau, Oberschlesien, das Generalgouvernement, Ostland, die Krim, Ingermanland nach 20 Jahren total deutsch besiedelt würden. (…) Wenn wir nicht die Ziegelsteine hier schaffen, wenn wir nicht unsere Lager mit Sklaven vollfüllen – (…) mit Arbeitssklaven, die ohne Rücksicht auf irgendeinen Verlust unsere Städte, unsere Dörfer, unsere Bauernhöfe bauen 27.“
Das nationalsozialistische Deutschland befand sich – in diesem Sommer 1942 – auf der Höhe seiner Macht. Längst ging es nicht mehr bloß darum, die rassen- und raumpolitischen Ziele allein im Osten durchzusetzen, sondern es eröffnete sich jetzt die Chance, diese auch im Westen, in allen eroberten und besetzten Gebieten umzusetzen. Zwar scheiterte der „Blitzkrieg“, und auch der „Hungerplan“ konnte nicht vollständig umgesetzt werden (selbst wenn im Winter 1941 im belagerten Leningrad eine Million Menschen starben, die man bewusst verhungern ließ), auch hatte die „Lösung der Judenfrage“ jetzt absolute Priorität, doch Himmler spann weiter an seinem Generalplan Ost und verlangte diesen zu einem europäischen „Gesamtsiedlungsplan“ umzubauen, in den neben den Ostgebieten nun auch das Elsaß, Lothringen, Oberkrain/Gorenjska, die Südsteiermark/Štajerska sowie Böhmen und Mähren einbezogen werden sollten 28.
Dieser „Generalsiedlungsplan“, erstellt durch das Planungsamt des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums unter Federführung Konrad Meyers, datiert am 29. Oktober 1942, existiert nur in Fragmenten, fertig gestellt wurde er nie. Der Mangel an brauchbaren und umsiedlungswilligen Siedlern, vor allem aber der Kriegsverlauf – nach Stalingrad flohen die begehrten „Volksdeutschen“ in Massen vor der Roten Armee – machten das Planungswerk schwieriger. Aus den erhaltenen Fragmenten geht hervor, dass, wie von Himmler erwünscht, bei der flächenmäßigen Berechnung nun auch Oberkrain/Gorenjska und die Untersteiermark/Štajerska einbezogen worden waren 29. Neben den ermittelten tatsächlichen Bevölkerungszahlen in den verschiedenen „Siedlungsräumen“ wurde die jeweils angestrebte Gesamtbevölkerungszahl „unter der Annahme einer völligen Eindeutschung der Gebiete“ ausgewiesen. Als Maß für die „Eindeutschungsfähigkeit“ der vorhandenen Bevölkerung wurde für Esten, Franzosen, Slowenen und Tschechen 50 Prozent, für Letten 30 Prozent, für Litauer 15 Prozent und für Polen 5 Prozent angenommen 30.
Als „Gesamtbevölkerungszahl“ für das Siedlungsgebiet („Volksraum und Ostsiedlungsraum“) wurde 36.323.000 ermittelt. Die „erstrebte Bevölkerungszahl“ lag hingegen bei bloß 23.149.300. Letztere sollte sich zusammensetzen aus der bereits vorhandenen deutschen Bevölkerung von 5.299.500, einer „eindeutschungsfähigen“ von 5.432.000 sowie aus 12.407.800 zu gewinnenden Siedlern. 25.662.000 Menschen fielen in die Kategorie „nichteindeutschungsfähige, rassisch Unerwünschte“. Zählt man den separat ausgewiesenen Baltischen Raum hinzu (5.112.700 Nichteindeutschungsfähige), so ergibt sich daraus die Zahl von 30.774.000 Menschen, die der Vernichtung preisgegeben war – durch Deportation nach Sibirien, durch Hunger oder Dezimierung durch mörderische Zwangsarbeit („Vernichtung durch Arbeit“)31.
Der Generalplan Ost und der Generalsiedlungsplan wurden auf dem Höhepunkt des Massenmordens in Osteuropa entwickelt, als Millionen sowjetischer Kriegsgefangener und Millionen Juden starben. Ab Dezember 1941 sollten alle Juden noch während des Krieges ermordet werden 32. Während die „Endlösung“ trotz der militärischen Verluste und erst recht bei sich abzeichnender Niederlage unerbittlich fortgeführt wurde, erlosch nach der Niederlage von Stalingrad das Interesse Hitlers an einem endgültigen Generalplan Ost. Nach der Ausrufung des „totalen Krieges“ befahl er sogar ausdrücklich, die Planung von Nachkriegsprojekten einzustellen. Gleichzeitig wurde die Propaganda gegen die Slawen leiser. Timothy Snyder vermutet, dass im Augenblick, wo Hitler die Entscheidung getroffen hatte, die Juden, statt sie zu deportieren und ihre Arbeitskraft auszubeuten, ermorden zu lassen, er gleichzeitig entschieden habe, „die Arbeitskraft von Slawen“, die nun vermehrt ins Altreich geschaffen wurden, „zu nutzen“ 33.
Es ist oft eingewendet worden, dass es sich beim Generalplan Ost ja um ein bloßes Gedankenspiel gehandelt habe, um Phantastereien ehrgeiziger Planer, die, wenn überhaupt, ohnehin erst nach einem „Endsieg“ verwirklicht hätten werden sollen. Und in der Tat hat sich Konrad Meyer vor dem Nürnberger Gerichtshof (Nürnberger Folgeprozess VIII, 1947/48) mit dem Hinweis auf den rein „theoretisch-wissenschaftlichen“ Charakter seiner Studien verteidigt. Erfolgreich übrigens: Meyer wurde von der Anklage „Crimes against Humanity“ freigesprochen und lediglich wegen seiner SS Mitgliedschaft verurteilt. Er konnte später seine akademische Karriere als Raumplaner und Landschaftspfleger in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich fortsetzten. Was die alliierten Richter damals noch nicht wussten und aufgrund der Aktenlage nicht wissen konnten, war, dass es von der ersten Stunde an tatsächlich Umsetzungen seines Masterplanes gegeben hatte – teilweise sogar unter Supervision von Konrad Meyer und seiner Mitarbeiter vor Ort 34.
1. Auf Grundlage der Version des Generalplan Ost vom Mai 1942 erfolgte etwa die Aussiedelung von mehr als hunderttausend Polen und Juden aus der Region Zamość (Generalgouvernement) zwischen November 1942 und Sommer 1943. Zamość, oder Himmlerstadt wie es jetzt hieß, war ein pittoreskes, ehemals wohlhabendes Renaissance-Städtchen in der Nähe Lublins. Wegen seiner verkehrsmäßig günstigen Lage war es als Experimentierfeld der ehrgeizigen Pläne des RKF und des SS- und Polizeiführers im Bezirk Lubin, Odilo Globocnik, ausersehen worden. 300 Dörfer wurden geräumt; die arbeitsfähigen Polen als Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in deutsche Fabriken geschickt, die nichtarbeitsfähigen nach Majdanek und Auschwitz. Alle Juden des Bezirks wurden in das Vernichtungslager Bełzek deportiert, wo sie der Tod im Gas erwartete. Während der destruktive Teil des Plans innerhalb eines halben Jahres erfüllt war, klappte es mit dem „konstruktiven“ weniger gut. Trotz der an sich günstigen Bedingungen hatte man Mühe, genügend freiwillige Siedler anzusiedeln. Weder bei den Reichdeutschen noch bei den „Volksdeutschen“ „war breiter Siedlungs- und Ostwille vorhanden“, und die wenigsten, die kamen, waren in der Lage, die übernommenen Höfe erfolgreich zu bewirtschaften 35. Zamość war, nach Ralph Giordano, „das große Menetekel“. Es ging längst nicht bloß um „Umsiedlung“, wie die Nationalsozialisten glauben machen wollten. Hinter Wortmasken wie Germanisierung, Volkstumsbrücken, Großsiedlungsgebiete, Einkesselung und rassische Siebung standen „der Wille und die Fähigkeit, Millionen von Menschen physisch wie Insekten zu vertilgen, direkt und indirekt, durch Gewalt oder durch Geburtenverhinderung, kurz- oder langfristig, durch Mord oder Arbeit 36.“
2. Nach dem „Generalsiedlungsplan“ vom Oktober 1942 erfolgte die Umsiedlung von rund 100.000 Menschen aus dem Elsass, aus Lothringen und Luxemburg in den unbesetzten Teil Frankreichs 37.
3. Ebenfalls nach dem „Generalsiedlungsplan“ wurden 35.000 bis 40.000 Slowenen und Sloweninnen aus dem Gebiet des Ranner Dreiecks, Untersteiermark (das an der Save gelegene Gebiet zwischen Gurkfeld/Krško, Rann/Brežice, Lichtenwald/Sevnice und Ratschach/Radeče), nach Serbien und Kroatien abgeschoben, um Platz zu schaffen für die Umsiedlung von Gottscheer Deutschen aus dem Gebiet der Sprachinsel Gottschee/Kočevje im ehemaligen österreichischen Kronland Krain/Kranjska, damals italienisch besetztes Gebiet 38. 1942/43 erfolgten weitere Zwangsaussiedlungen in das Deutsche Reich, aus der Untersteiermark/Štajerska 35.092 und aus Oberkrain/Gorenjska und dem Miestal/Mežiška dolina 3.324 Slowenen und Sloweninnen 39.
Dass diese ethnische Säuberung (überwiegend) slowenisch bewohnter annektierter Gebiete – „Flurbereinigung“ nannten es die Nationalsozialisten – in Übereinstimmung mit den Generalplänen Ost geschah, ist heute unumstritten. Im „Generalsiedlungsplan“ vom Oktober 1942 waren die Slowenen erstmals ausdrücklich erwähnt und ihnen eine „Wiedereindeutschungsfähigkeit“ von 50 Prozent attestiert worden, d.h. der Hälfte der Slowenen und Sloweninnen war zugebilligt worden germanisiert zu werden, der anderen Hälfte war das Schicksal der Zwangsarbeit zugedacht.
Nach einer bei Karl Heinz Roth veröffentlichten Tabelle aus dem Generalsiedlungsplan betrug die Gesamtbevölkerungszahl in Oberkrain/Gorenjska und der Untersteiermark/Štajerska 737.200, davon wurden als „vorhandene deutsche Bevölkerung“ 107.500 klassifiziert, weitere 331.000 galten als „eindeutschungsfähig“. Die (nichtausgewiesene) Differenz zwischen der vorhandenen Bevölkerung abzüglich der deutschen und der „eindeutschungsfähigen“ Bevölkerung galt als „rassisch unerwünscht“; diese 298.700 Slowenen sollten durch „deutsche Siedler“ ersetzt werden 40. Dieser Logik folgend wurde die slowenische Bevölkerung aller annektierten Gebiete durch den Apparat des RKF, insbesondere aber des Rasse- und Siedlungshauptamts (RuSHA), einer Selektion nach den rasse- und erbbiologischen Merkmalen der „Deutschen Volksliste“ unterzogen 41. Diese unterschied nach vier „Wertungsgruppen“ in „Gutrassige“ und „Schlechtrassige“, wobei nur Menschen der Wertungsgruppe I und II zur Ansiedlung im Altreich oder in den eingegliederten Ostgebieten vorgesehen waren. Den anderen der Wertungsgruppe III und IV war ein Schicksal als Zwangsarbeiter oder Vertreibung zugedacht. In drei Wellen sollten nach den Plänen des RKF 220.000 bis 260.000 Slowenen ausgesiedelt werden. Tatsächlich wurden nach einem Tätigkeitsbericht des RKF von Ende 1942 etwa 17.000 „deutschfeindliche“ Slowenen nach „Restserbien“ evakuiert; 37.000 slowenische und „windische“ Grenzbewohner teils als „Eindeutschungsfähige“ (11.000), teils als „fremdvölkische“ Arbeitskräfte ins Altreich verbracht 42.“
Bei der gewaltsamen Vertreibung der Kärntner Slowenen und Sloweninnen scheint ein Zusammenhang mit dem Generalplan Ost weniger eindeutig 43. Wohl vor allem deshalb, weil sich der berüchtigte Erlass Himmlers vom 25. August 1941 zu allererst der Umsiedlung der Kanaltaler widmet. Diese aber war schon im Rahmen des deutsch-italienischen „Abkommens über die Umsiedlung der Deutschen aus Südtirol“ vom 23. Juni 1939 vorgesehen, lange bevor ein Generalplan Ost überhaupt existierte. Darüber hinaus wurde in den Köpfen der Nationalsozialisten die Frage der Umsiedlung der deutschen Minderheit aus Südtirol immer schon (spätestens seit 1939, eventuell auch schon seit Ende der zwanziger Jahre) mit der Vertreibung der Slowenen aus Kärnten verbunden 44. So hatte der Vorsitzende des Kärntner Heimatbundes (KHB) und NS-Multifunktionär Alois Maier-Kaibitsch bereits am 13. Dezember 1939 der Klagenfurter Dienststelle des RKF gemeldet, dass alle Möglichkeiten, die Kanaltaler Bauern nach Kärnten umzusiedeln geprüft würden und dass im gemischtsprachigen Grenzgebiet Kärntens jede Möglichkeit zur Ansiedlung deutscher Grenzbauern ergriffen werde 45. Und schon seit September 1940 existierten Planungen, wonach diese im Gebiet Eisenkappel/Železna Kapla – Zell Pfarre/Sele Fara auf rund 290 Höfen, die ausschließlich in volksfremden Händen seien, angesiedelt werden sollten 46. Als dann Innenminister Wilhelm Frick im August 1941 Kärnten, Oberkrain/Gorenjska und die Untersteiermark/Štajerska besuchte, lag ihm ein Bericht seines Ministeriums vor, in dem die Vertreibung von 200 slowenischen Familien aus Kärnten bereits vorgesehen war 47; zusammengestellt worden waren die Listen von den lokalen NS-Behörden in Kärnten, die schon sehr früh begonnen hatten, Daten über nationalbewusste Slowenen zusammenzutragen.
Das alles spricht dafür, dass die Vertreibung der Kärntner Slowenen von langer Hand geplant gewesen war und es eines Generalplans Ost dazu gar nicht bedurft hätte. Doch analysiert man die am 14./15. April 1942 durchgeführte „Aktion K“ genauer, so wird deutlich, dass sie dem gleichen Muster folgt wie die Aussiedlung der Slowenen aus der Untersteiermark/Štajerska und Oberkrain/Gorenjska im November 1941. Sogar physisch wurde sie von dem in Bled/Veldes stationierten gleichen Reservepolizeibataillon 171 durchgeführt, das schon an der Slowenenaussiedelung in der Untersteiermark beteiligt war. „Organisation, Kommandostruktur, Durchführung und Ablauf“ waren, wie Stefan Karner festgestellt hat, nahezu identisch 48. Im Unterschied zu den aus den besetzen jugoslawischen Gebieten ausgesiedelten Slowenen kam es bei den Kärntner Slowenen jedoch nicht zu einer generellen rassischen Überprüfung 49. Im Lager des Reichsarbeitsdienstes (RAD) in Ebenthal/Žrelec bei Klagenfurt/Celovec wurden sie lediglich fotografiert und registriert, sie erhielten Ausweise und nummerierte Blechmarken 50. Eine rassische Überprüfung erübrigte sich jedoch, da alle von der „Aktion K“ Betroffenen als „volks- und staatsfeindlich“ klassifiziert wurden und somit ohnehin bloß eine strafweise Deportation ins „Altreich“ zwecks Zwangsarbeit in Frage kam 51. Und tatsächlich wurden alle aus Kärnten in die Lager der Volksdeutschen Mittelstelle: Hesselberg, Frauenaurach, Hagenbüchach, Schwarzenberg, Rehnitz, Eichstätt, Wildsheim, Ettlingen, Rastatt, Weisenburg, Wernfels, Gerlachsheim, Buch, Altenberg-Terneberg, Rettenbach und Altötting deportierten Slowenen – ob Frauen, Männer oder Jugendliche – zur Zwangsarbeit in verschiedenen (Rüstungs)Fabriken des Reiches, in der Land- und Forstwirtschaft oder als Haushaltshilfen eingesetzt 52.
Weitergehende Aussiedlungspläne blieben unerfüllt. Zwar begehrte Gauleiter Friedrich Rainer im Oktober 1942 eine weitere Vertreibung von 50.000 slowenischen Einwohnern Südkärntens, und Himmler erklärte am 6. Februar 1943 in einer sogenannten „Bereichserklärung“ das zweisprachige Gebiet Kärntens Gemeinde für Gemeinde zum deutschen Siedlungsbereich 53, doch die von den Nationalsozialisten geplante endgültige „Bereinigung der Slowenenfrage“ konnte wegen Widerstandes aus Teilen der Kärntner Bevölkerung, widersprüchlicher Haltungen bei den verschiedenen NS-Behörden in Kärnten und Berlin und wegen der zunehmenden Partisanentätigkeit im „Reichsgau Kärnten“ nicht durchgeführt werden, vor allem aber, weil die Rote Armee längst die Front bei Charkow durchstoßen hatte. (Hier, zwischen Charkow und Rostow, hatten Nationalsozialisten „das Neue Kärnten“ mit einer Ansiedlung von 50.000 Menschen geplant) 54.
Nach dem Scheitern des geplanten „Blitzkrieges“ und ohne einen militärischen Sieg erwies sich der Generalplan Ost, wie Timothy Snyder festgestellt hat, „nur abgeschwächt und verzögert“ realisierbar 55. Heinrich Himmler hatte im Juni 1942, auf dem Höhepunkt nazistischer Macht, als das „Germanische Weltreich“ nahe schien, vor den Hauptamtschef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) von einer wahren „Völkerwanderung der Fremdvölkischen“ gesprochen. „Wir brauchen ja auch neue Sklaven.“ Doch nicht in Deutschland wollte der „Reichsführer“ das Sklavenheer wissen, dort dürfe es keine „Unterwanderung“ geben, sondern im kolonialisierten Osten 56. „Die Slawen sollen für uns arbeiten“, schrieb Martin Bormann dann auch am 23. Juli 1943 an den Reichsminister für die besetzten Ostgebiete Alfred Rosenberg, und er fuhr fort: „soweit wir sie nicht brauchen, mögen sie sterben. Impfzwang und deutsche Gesundheitsfürsorge sind daher überflüssig. Bildung ist gefährlich. Es genügt, wenn sie bis hundert zählen können. Höchstens die Bildung, die uns brauchbare Handlanger schafft, ist zulässig. An Verpflegung bekommen sie nur das Notwendigste 57.“
Die Masse der slawischen Zwangsarbeiter aber befand sich 1942/43 nicht, wie vorgesehen, im kolonialisierten Osten, sondern in den Lagern des „Altreiches“ – darunter auch die vertriebenen Kärntner Slowenen. Hier – mitten im Deutschen Reich und mitten unter der deutschen Bevölkerung – erlebten sie Zwangsarbeit, Willkür, völlige Entrechtung – Versklavung. Hier aber wurden sie auch Opfer der verschiedensten Programme des NS-Staates. Karl Heinz Roth hat auf die „generelle Rückübertragung des Generalplan-Ost-Konzeptes auf die reichsdeutschen Verhältnisse“ aufmerksam gemacht 58. So wurde das System der rassischen Selektion von Fremdarbeitern und Fremdarbeiterinnen ab Mitte 1943 nach den oben beschriebenen Kriterien der „Deutschen Volksliste“ im gesamten Reichsgebiet eingeführt. Fiel das „Rasseexamen“ bei Personen nichtdeutscher Herkunft positiv aus, so erklärten die Rasseexperten dies mit „verloren gegangenen deutschen Wurzeln“ 59, im gegenteiligen Fall drohte bei den sogenannten „Unwerten“ (Wertungsgruppe IV) physische Vernichtung 60. Darüber hinaus errichteten die Emissäre des Rasse- und Siedlungshauptamtes in den Zwangsarbeitslagern ein dichtes Überwachungssystem, das das Verbot sexueller Kontakte, die Beurteilung von Neugeborenen auf Eindeutschungsfähigkeit, „Sonderbehandlungen“ wie Zwangssterilisierungen und „wilde Euthanasien“ (bei Tuberkulosekranken und psychisch Kranken) umfasste 61.
In diese Maschinerie von RKF und RuSHA gerieten in den Lagern der Volksdeutschen Mittelstelle auch die vertriebenen Kärntner Slowenen und Sloweninnen. Hier wurden einzelne von ihnen zu Objekten der verschiedenen „Sonderprogramme“ des NS-Regimes – hier ereilte sie der Generalplan Ost. Und so konnten nicht alle Deportierten nach dem Ende des Krieges in ihre Heimat zurückkehren und – oft erst Jahre später– ihre Höfe wieder übernehmen 62. Alte Menschen und Kinder litten besonders an den schlechten Bedingungen in den Lagern und überlebten diese oft nicht 63. Andere wurden strafweise aus den Lagern an die Front gesandt oder ins Gefängnis gesteckt 64. Ab Sommer 1943 wurden wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Unterstützung der Partisanen junge Kärntner Slowenen in die speziell für Jugendliche eingerichteten KZs Moringen und Uckermark überstellt 65. Wieder andere wurden Opfer der beschriebenen „Sonderprogramme“ des NS-Staates, wie das achtjährige kranke Kind Veronika (Verica), das 1943 im Lager Eichstätt in Mittelfranken durch eine Injektion des Lagerarztes in den Armen seiner Mutter starb 66.
Der Generalplan Ost, dessen Opfer am Ende auch die vertriebenen Kärntner Slowenen und Sloweninnen wurden, war ein apokalyptischer Herrschaftsentwurf – eine schwarze Utopie – erdacht von ehrgeizigen Wissenschaftlern und nationalsozialistischen Ideologen für ein supranationales Germanisches Weltreich, der nach der Kriegswende 1942/43 nicht mehr vorrangig auf die eroberten Gebiete im Osten, sondern auf alle, die sich, wo auch immer, unter deutscher Herrschaft befanden, zielte. Leitbild für dieses totalitäre Reich waren die nationalsozialistischen Lehren von „Rasse und Raum“. Ein „Lebensraum“ im Osten für die einen – eine Todeszone für die anderen. Das der slawischen Bevölkerung dabei zugedachte Schicksal war – nach einer Grunddezimierung um eine im „Generalsiedlungsplan“ vom Oktober 1942 errechneten Zahl von dreißig Millionen siebenhundertvierundsiebzigtausend „rassisch Unerwünschten“ durch Hunger, Vertreibung und Zwangsarbeit – im besten Falle die des (Menschen)Materials für Zucht und Auslese im neuen „Pflanzgarten des Reiches“, im anderen Fall: ein vorläufiges Dasein als Arbeitssklaven, langfristig die Vernichtung.
1. Maja Haderlap, Engel des Vergessens, Göttingen 2011, S. 286.
2. Franci Zwitter – Matthäus Grilc, Pregnastvo in upor/Vertreibung und Widerstand. Zum 40. Jahrestag der Vertreibung der Kärntner Slowenen und ihrer Eingliederung in den Kampf gegen den Nazifaschismus, Celovec/Klagenfurt 1982, S. 5, oder jüngstens: Valentin Sima, die Vertreibung slowenischer Familien als Höhepunkt deutschnationaler Politik in Kärnten, in: Avguštin Malle – Brigitte Entner (Hg.), die Vertreibung der Kärntner Slowenen 1942/ Pregon koroških Slovencev 1942, zweite erweiterte Ausgabe, Klagenfurt/Celovec 2012.
3. Renate Siekierzynski, „Ich kann mich gut erinnern…“. Die Aussiedlung im Gedächtnis der Kinder, in: Avguštin Malle – Valentin Sima (Hg.), Narodnu in državi sovražni (= Volks- und staatsfeindlich). Die Vertreibung von Kärntner Slowenen 1942, Celovec/Klagenfurt 1992, S. 246-258, hier: S. 250 und S. 340.
4. Vgl. Isabel Heinemann, Wissenschaft und Homogenisierungsplanungen für Osteuropa. Konrad Meyer, Der Generalplan Ost und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, in: Isabel Heinemann – Patrick Wagner (Hg.), Wissenschaft – Planung – Vertreibung. Neuordnungskonzepte und Umsiedlungspolitik im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2006, S. 45-73, hier: S. 45. Zur Genesis des Generalplan Ost vergleiche auch: Dietrich Eichholtz, Der „Generalplan Ost“ als genozidale Variante der imperialistischen Ostexpansion, in: Mechthild Rössler – Sabine Schleiermacher (Hg.), Der „Generalplan Ost“. Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs- und Vernichtungspolitik, Berlin 1993, S. 122ff sowie derselbe: „Generalplan Ost“ zur Versklavung osteuropäischer Völker. Vortragsmanuskript vom 15. Mai 2004, in: http://scepsis.ru/de/articles/id_6.php; Karl Heinz Roth, „Generalplan Ost“ – „Gesamtplan Ost“. Forschungsstand, Quellenprobleme, neue Ergebnisse, in: Rössler – Schleiermacher, „Generalplan Ost“, S. 25-117; Der Generalplan Ost (Dokumentation), in: Vierteljahreshefte zur Zeitgeschichte, 6 (1958) Heft 3, S. 288-325; Ceslav Madajzyk, Introduction to General Plan East (Generalplan Ost), in Polish Western Affairs 1962, Vol.III Nr. 2, http://gplanost.x-berg.de/generalplaneast.html; Götz Aly, „Endlösung“. Völkerverschiebung und der Mord an den europäischen Juden, Frankfurt am Main 1999, S. 46-135; Ralph Giordano, Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte. Die Pläne der Nazis nach dem Endsieg, Köln 2008, S. 153-213; Timothy Snyder, Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin, München 2011, S. 173ff.
5. Siehe dazu die hervorragende Studie von Uwe Mai, „Rasse und Raum“. Agrarpolitik, Sozial- und Raumplanung im NS-Staat, Paderborn 2002.
6. Adolf Hitler, Mein Kampf, www.harrold.org../Adolf%20Hitler, S. 316, S. 726, 733 u. 742.
7. Erlaß des Führers und Reichskanzlers zur Festigung deutschen Volkstums, 7. Oktober 1939, zit. nach: 1000 Schlüsseldokumente zur Geschichte im 20. Jahrhundert, http://www.1000dokumente.de. Zu Heinrich Himmler siehe: Peter Longerich, Himmler. Eine Biographie, München, 2008; lexikalisches zum „Generalplan Ost“: http://de.wikepeda.org/wiki/Generalplan_Ost.
8. Zum Werdegang Konrad Meyers siehe: Isabel Heinemann, Wissenschaft, Planung, Umvolkung. Konrad Meyer und der „Generalplan Ost“, Vortrag an der Humboldt-Universität: Die Berliner Universität unterm Hakenkreuz, Mai 2003, S. 1-11.
9. Eine Liste der DFG-Projekte findet sich in: Wissenschaft – Planung – Vertreibung. Der Generalplan Ost der Nationalsozialisten, Isabel Heinemann et al. (Hg.), Katalog zur Ausstellung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) , Bonn 2006, S. 58. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat im Jahr 2000 begonnen, ihre Verwobenheit in die Geschichte des Generalplan Ost in einem unter Leitung von Rüdiger vom Bruch und Ulrich Herbert stehenden Forschungsprojekt aufzuarbeiten. Daraus ist eine Wanderausstellung „Wissenschaft, Planung, Vertreibung. Der Generalplan Ost der Nationalsozialisten“ entstanden, die am 17. April 2012 in Warschau eröffnet wurde, Pressemitteilung Nr. 14 der DFG vom 17. April 2012.
10. Vgl. Eichholtz, Generalplan Ost, S. 2, Heinemann, Wissenschaft, S.31, Giordano, Hitler, S. 154ff.
11. Bericht Heinrich Himmlers vom 24. Juni 1940, auszugsweise zitierte bei: Giordano, Hitler, S. 157.
12. Dokument der Deutschen Botschaft, Madrid: „Vertraulich – Abschrift – Himmler über Siedlungsfragen“ vom 22. Oktober 1940, zit. nach: Giordano, Hitler, S. 160.
13. Madajczyk, Introduction, S. 1.
14. Heinemann, Vortrag, S. 6, Giordano, Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte, S. 157.
15. Zit. nach: Snyder, Bloodlands, S. 176, siehe auch: Christian Gerlach, Krieg, Ernährung, Völkermord. Deutsche Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg, Hamburg 1998, S. 18ff.
16. Siehe dazu: Christopher R. Browning, Judenmord. NS-Politik, Zwangsarbeit und das Verhalten der Täter, Frankfurt am Main 2000 sowie Peter Longerich, Die Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942: Planung und Beginn des Genozids an den europäischen Juden. Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz Bd. 7, Berlin 1998.
17. Zitate nach: Heinemann, Wissenschaft, S. 47.
18. Generalplan Ost. Rechtliche, wirtschaftliche und räumliche Grundlagen des Ostaufbaus, datiert: 28. Mai 1942, an Himmler übergeben Juni 1942, Kopie der 100-seitigen Fassung aus dem Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, zit. nach: http://gplanost.x-berg.de/gplanost.html.
19. Mai, „Rasse und Raum“, S. 358.
20. Generalplan Ost, S. 9.
21. Generalplan Ost, S. 20.
22. Generalplan Ost, S. 17.
23. Generalplan Ost, S. 15.
24. Generalplan Ost, S. 12, siehe dazu auch: Heinemann, Ausstellungskatalog, S. 25.
25. Generalplan Ost, S. 25.
26. Übersetzt und zitiert nach: Eichholtz, Generalplan Ost, Vortrag, S .6
27. Rede Himmlers vor Hauptamtschefs am 9. Juni 1942, zit. nach: Aly, Endlösung, S. 292.
28. Heinemann, Wissenschaft, S. 53, meine Hervorhebung, siehe auch: Longerich, Himmler, S. 598.
29. Dispositionen und Berechnungsgrundlagen für einen Generalsiedlungsplan, 29. Oktober 1942 und 23. Dezember 1942, zit. Nach: http://gpanost.x-berg.de/gensiedplan.html, S. 4.
30. Generalsiedlungsplan, S. 5, meine Hervorhebung.
31. Ebenda, S. 6.
32. Christian Gerlach vermutet, dass Hitler den Befehl alle Juden ermorden zu lassen am 12. Dezember 1942 gegeben habe, Gerlach; Krieg, Ernährung, Völkermord, S. 115.
33. Snyder, Bloodlands, S. 225
34. Heinemann, Wissenschaft, S. 52f.
35. Vgl. Snyder Bloodlands, S. 262, 301, Mai, Rasse und Raum, S. 358, 362, Longerich, Himmler, S. 546ff. Jonathan Littell hat in seinem Roman „Die Wohlgesinnten“ dem Städtchen Zamość und seinen Bewohnern ein literarisches Denkmal gesetzt. Jonathan Littell, Die Wohlgesinnten, Berlin 2009, S. 819 (Original: „Les Bienveillantes, Paris 2006).
36. Giordano, Hitler, S. 169.
37. Siehe dazu: Longerich, Himmler, S. 599.
38. Vgl. Hans Haas – Karl Stuhlpfarrer, Österreich und seine Slowenen, Wien 1977, S. 74 sowie auch: Longerich, Himmler, S. 599.
39. Stefan Karner, „…des Reiches Südmark“. Kärnten und Steiermark im „Dritten Reich“ 1938-1945, in: Emmerich Tálos, NS-Herrschaft in Österreich. Ein Handbuch, Wien 2000, S. 292-325, hier: S. 307.
40 Tabelle II. „Erstrebte Bevölkerungszahl und Siedlerbedarf“, in: Karl Heinz Roth, „Generalplan Ost“ – „Gesamtplan Ost“ – Forschungsstand, Quellenprobleme, neue Ergebnisse, in: Mechthild Rössler et al. (Hg.), Der „Generalplan Ost“. Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs- und Vernichtungspolitik, Berlin 1993, S. 25-117.
41. Zur „Deutschen Volksliste“ vgl. Isabel Heinemann, Rasse, Siedlung, deutsches Blut. Das Rasse- und Siedungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas, Göttingen 2003, S. 282f.
42. Zit. nach: Aly, „Endlösung“, S. 286.
43. Mit Ausnahme von Tone Ferenc findet ein Zusammenhang zwischen der Vertreibung von Kärntner Slowenen und dem Generalplan Ost in der Literatur kaum Erwähnung. Tone Ferenc, Položaj slovenskega naroda ob okupaciji leta 1941, in: Avguštin Malle – Valentin Sima, Narodu in državi sovražni/Volks- und staatsfeindlich. Die Vertreibung von Kärntner Slowenen 1942, Celovec/Klagenfurt 1992, S. 21-35.
44. Vgl. Vertreibung und Widerstand, S. 32 sowie Valentin Sima, Die Vertreibung von Kärntner Slowenen 1942, in: Malle – Sima, Vertreibung, S. 133-209, hier: 135.
45. Haas – Stuhlpfarrer, Österreich und seine Slowenen, S. 83, Sima, Vertreibung, S. 151
46. Vgl. Haas – Stuhlpfarrer, Österreich und seine Slowenen, S. 84.
47. Tone Ferenc, Položaj slovenskega naroda ob okupaciji leta 1941, S. 35.
48. Stefan Karner, Die Aussiedlung von Kärntner Slowenen 1942, in: Stefan Karner – Andreas Moritsch, Aussiedlung, Verschleppung, nationaler Kampf, Klagenfurt 2005, S. 21-53, hier: S. 21.
49. Karner, Aussiedlung, S. 21.
50. Werner Koroschitz et al. (Hg.), Peršman Museum Neu. Drehbuch, Stand: 24. Jänner 2012, im Folgenden zitiert als: Drehbuch, S. 43.
51. In der „Anordnung Nr. 46/I des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums“ vom 25. August 1941 heißt es, dass: „Zur Bereinigung der volkspolitischen Lage“ die „Betriebe der etwa 200 slowenischen Familien dieses Gebietes, die als volks- und staatsfeindlich bekannt sind“ heranzuziehen seien (Absatz 3). Unter Punkt 4) heißt es: „Die Feststellung, welche Slowenen als staatsfeindlich zu evakuieren bzw. in das Altreich zu überführen sind, erfolgt durch die Dienststellen des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, der sich wegen der geplanten Ansetzung von Kanaltalern auf den Betrieben der Slowenen mit den Dienststellen des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums in Verbindung setzt.“, abgedruckt bei: Sima, Vertreibung, S. 156f.
52. Vgl. Valentin Sima, Kärntner Slowenen unter nationalsozialistischer Herrschaft: Verfolgung, Widerstand und Repression, in: Tálos, NS-Herrschaft, S. 744-766, S. 758.
53. „Ich erkläre das gemischtsprachige Gebiet im Reichgau Kärnten zum Siedlungsbereich.“ Es folgt die Auflistung von 65 Kärntner Gemeinden. In Punkt 2) heißt es: „Die Bereichserklärung verfolgt den Zweck, das deutsche Volkstum in diesem Gebiet durch Umsiedlung volkspolitisch unzuverlässiger Menschen und Ansiedlung bewährter deutscher Menschen, insbesondere auch durch Seßhaftmachung von Umsiedlern aus dem Ausland unter planmäßiger Neuordnung der Eigentumsverhältnisse zu festigen.“ Allgemeine Anordnung Nr. 21/43/C über die Bestimmung eines Siedlungsbereiches im Reichsgau Kärnten. Publiziert in: Sima, Vertreibung 1942, S. 205.
54. Madajczyk, Introduction, S. 6, Vertreibung und Widerstand, S. 38f, Haas – Stuhlpfarrer, Österreich und seine Slowenen, S. 86f.
55. Snyder, Bloodlands, S. 414.
56. Rede vor Hauptamtschefs des RSHA v. 9.6.1942 in: Bradley F. Smith et al. (Hg.), Heinrich Himmler Geheimreden 1933-1945, Frankfurt am Main 1974, S. 159.
57. Zit. nach: Joe J. Heydecker – Johannes Leeb, Der Nürnberger Prozess, Köln 1979, S. 521.
58. Karl Heinz Roth, Bevölkerungspolitik und Zwangsarbeit im Generalplan Ost, Dokumentationsstelle zur NS-Sozialpolitik, Mitteilungen, 1. Jg. 1985a, Heft 2-4, S. 7.
59. Heinemann, Katalog, S. 30f.
60. Mai, „Rasse und Raum“, S. 362.
61. Zur Tätigkeit des Rasse und Siedlungshauptamts siehe die umfassende Studie: Isabel Heinemann, Rasse, Siedlung, deutsches Blut. Das Rasse- und Siedungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas, Göttingen 2003, auch: Giordano, Hitler, S. 174ff.
62. Zu Fragen der Restitution siehe die Studie der Österreichischen Historikerkommission: Avguštin Malle/Alfred Elste/Brigitte Entner/Boris Jesih/Valentin Sima/Heidi Wilscher, Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung am Beispiel von Angehörigen der slowenischen Minderheit, ihrer Verbände und Organisationen. Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission Band 23/1, Wien 2004.
63 Die namentliche Erfassung der, bisher, 74 slowenischen Männer, Frauen und Kinder, die in Folge der Deportation ihr Leben verloren, erfolgte am Slowenischen wissenschaftlichen Institut/Slovenski znanstveni inštitut in Klagenfurt/Celovec und wurde publiziert in: Brigitte Entner, Frauen und Männer, die nach der zwangsweisen Aussiedlung im April 1942 ihr Leben verloren haben, in: Brigitte Entner/Avguštin Malle (Hg.), Pregon koroških Slovencev. Die Vertreibung der Kärntner Slowenen 1942, zweite erweiterte Auflage, Klagenfurt/Celovec 2012, S. 288-292. Siehe dazu auch die Ansprache von Brigitte Entner im Rahmen der Ausstellungseröffnung der Ausstellung „Die Deportation slowenischer Familien aus Kärnten 1942“ im Kärntner Landesarchiv am 4. Juni 2012. www.landesarchiv.ktn.gv.at/09ausstellungen_htm_files.
64. Drehbuch, S. 50.
65. Drehbuch, S. 57.
66. Katja Sturm-Schnabl, Aus den Erinnerungen eines Kindes an die NS-Zeit, in: http://nationalfonds.org/sites/dynamicd5db.html?id=news20080117160117160614091, auch: Drehbuch, S. 55