Die deutsche Minderheit in Slowenien

In wenigen Tagen wird der Bundespräsident Dr. Hainz Fischer seinen slowenischen Kollegen Borut Pahor besuchen. Am Sonntag ist auch ein gemeinsamer Besuch der Gotschee und ein Gespräch mit den Vertretern der deutschsprachigen Volksgruppe Sloweniens vorgesehen. Davor kam es zu einem Gespräch der Vertreter der Kärntner Slowenen mit Fischer und auch mit Pahor. Die Beziehungen beider Staaten sind gut und auf der Tagesordnung werden auch Minderheitenfragen sein. Die Kärntner Slowenen haben festgestellt, dass sich das Klima in Kärnten verbessere und sie nunmehr erwarten, dass die offenen Fragen aus dem Memorandum (Musikschule etc.) und andere offene Fragen gelöst werden. Der österreichische Präsident wird sich auch für die Belange der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien einsetzen. Natürlich sind Minderheitenrechte unteilbar und es ist zu hoffen, dass auch Slowenien das richtige Maß an Minderheitenschutz finden wird. Natürlich existieren zwischen den Kärntner Slowenen und der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien einige gemeinsame Forderungen. Gemeinsam ist uns, dass wir in beiden Staaten für eine tolerante und offene Gesellschaft eintreten, die uns eine ungestörte Entwicklung sichern wird. Auf der anderen Seite aber bestehen auch wesentliche Unterschiede: der formalrechtliche Minderheitenschutz in Österreich ist in Staatsverträgen (St. Germain, Staatsvertrag von Wien) geregelt, was für Slowenien nicht zutrifft. Gemeinsam ist beiden Staaten aber, dass sie die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates unterschrieben haben und sich damit zu den europäischen Normen des Minderheitenschutzes bekannt haben.
Weiters wird in Slowenien bei Volkszählungen nach der nationalen Zugehörigkeit und der Muttersprache gefragt und in Österreich nur nach der Umgangssprache.
Demnach haben sich in Slowenien zur österreichischen nationalen Zugehörigkeit im Jahre 1953 289 Personen, im Jahre 1961 254 Personen, im Jahre 1971 278 Personen, im Jahre 1981 180 und im Jahre 1991 199 Personen bekannt. Als Deutsche haben sich im Jahre 1953 1617, im Jahre 19761 732, im Jahre 1971 400, im Jahre 1981 309, im Jahre 1991 298 und im Jahre 2002 499 Staatsbürger bekannt. Bezüglich der Frage nach der Muttersprache ergibt sich folgendes Bild: im Jahre 1921 haben 41.514, im Jahre 1931 28.996 im Jahre 1953 2590, im Jahre 1971 1322, im Jahre 1981 1023, im Jahre 1991 4525 und im Jahre 2002 1628 Personen deutsch als Muttersprache angegeben. Das ergibt einen Minderheitenanteil weit unter einem Prozent.
Die Beziehungen zwischen Deutschen und Slowenen in der Geschichte waren nicht einfach. Martin Pollak hat diese Beziehungen im Buch Der Tote im Bunker eindrücklich beschrieben. Die Lektüre ist sehr empfehlenswert.
In Wirklichkeit waren die interethnischen Beziehungen in diesem Raum eingebettet in die Zeit nationaler und nationalistischer Konzepte. Das ist tief in den Herzen auf beiden Seiten verankert. Vom slowenischen Standpunkt ist klar, dass die Deutschen den slowenischen nationalen Emanzipationsprozess behindert haben, die dann nach dem Ersten Weltkrieg und eigenem Nationalstaat assimilatorisch gewirkt haben, genauso wie auch Österreich in Kärnten. Wieder in die andere Richtung ging es mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus, der Okkupation Sloweniens, der Vertreibung tausender Slowenen sowie der Gefahr der nationalen Auslöschung der Slowenen, die sich dem bewaffnet widersetzten. Die Partisanenarmee war auch Teil der antifaschistischen alliierten Front gegen den Nationalsozialismus. Nicht alle, aber viele Deutsche in Slowenien haben mit den nationalsozialistischen Okkupanten zusammengearbeitet, auch viele Kärntner und Steirer waren Teil des Okkupationsregimes. Nach dem Ende des Krieges ging die Entwicklung wieder in die andere Richtung und zwar mit der Vertreibung nicht aller, aber vieler Deutscher und auch mit den Ermordungen nach dem 8. Mai 1945. All das belastet Slowenien bis heute.
Zur Zeit des Nachkriegsjugoslawien waren die Deutschen kein Thema. Ich selbst studierte 175/76 in Ljubljana und lernte eine Kollegin kennen, die bekannte eine Deutsche zu sein, es aber nicht wagte, dies auch offen zu bekennen. Aber solche Phänomene gab es auch in Kärnten mit umgekehrten Vorzeichen. Dier Sozialwissenschafter würden dies als strukturelle bzw. kulturelle Gewalt bezeichnen.
Es ist klar, dass die deutschsprachige Volksgruppe mit der Demokratisierung Sloweniens wieder aufscheinen wird. Jetzt sind alle Seiten zu einem toleranten Dialog und zu gegenseitigem Verständnis aufgerufen. Die Zeit, über die wir reden, war nicht einfach, für niemanden. Daher ist heute die Zeit nicht reif für maksimalistische Forderungen, weder hüben noch trüben. Versöhnung und Zusammenleben muss im Vordergrund stehen.